Samstag, 1. September 2012

Tatjana Franke - Menschen im Reisebus


Zu nachtschlafender Zeit beklettert unsere Reisegruppe den Bus,
der uns 800km durch Deutschland fahren wird.
Alle finden Ihren Sitzplatz ("Wou is nan etz die 18?")
und so kann es nach einer kurzen Einweisung des Busfahrers
(Anschnallen, Sitze verstellen, an Bord ist eine Not-Toilette,
wir machen alle 2,5 Std Pause) losgehen.

Bereits nach 15 Minuten stürmt eine Dame die Not-Örtlichkeit.
Beim Betrachten der Kabinenabmessung
und der Hüftbreite der Dame kommen bei mir leichte Zweifel auf.
Und so berichtet sie ihrem Mann nach erfolgreicher Verrichtung
auch sofort "Platz hat ma da abba kan." was er mit einem
"Was hastn erwartet? Des is a Not-Klo." kommentiert.

In der Reihe vor mir sitzt ein Ehepaar.
Nach einigen Minuten knurrt er "Rutsch a mal a weng!"
worauf ihm seine Frau einen grimmigen Blick zuwirft und sagt
"Ich sitz scho ganz drübn. Ich bin halt a mal a weng breiter baut als du."
Das Problem wird durch Herausrücken des Gang-Platzes gelöst.
Versteht sich von selbst, dass auch diese Aktion nicht ganz ohne
Schwierigkeiten von Statten geht.
"Wos hat er gsacht ghabt, wia geht des? Welchen Hebl? Ach a suu. Bassds etz?"

Meiner mir vom Reiseveranstalter zugewiesenen Sitznachbarin
bin ich wohl suspekt, denn sie äugt nur 3 mal skeptisch zu mir herüber,
läßt den Blick  durch die halbleeren hinteren Reihen schweifen
und zieht bei der ersten Kaffeepause mit Sack und Pack,
Bernsteinklunker und Knoblauchfahne in eine freie Sitzreihe um.
Schade, ich mag Knoblauch doch so gerne.

Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass bei 90%
der reisenden Paare die Frau am Fenster sitzt?
Ist ja auch logisch. Schließlich will sie was sehen
und der Mann ist auch viel besser geeignet ca. alle 30 Minuten
die Tasche oder Jacke von der Ablage über Kopf nach oben oder unten zu reichen.
"Gib ma mal mei Daschn. Ich brauch mei Brilln."

Ich döse entspannt vor mich hin als immer wieder metallisches Klappern
an mein Ohr dringt. Was ist das? Ein Defekt am Bus? Liest man ja immer wieder.
Ich blicke angespannt auf die Fahrbahn, ob ich ein einzelnes Rad rollen sehe.
Es ist dann aber doch nur die Not-Klo-Dame.
Also sie rollt jetzt nicht über die Autobahn - sie erzeugt das metallische Klappern.
Sie stickt!
Ich bin gespannt was es wird.
Vielleicht ein Klorollen-Überzieherchen für die Hutablage des Busses?

Auch die anderen Passagiere  versuchen auf unterschiedlichste Art
die lange Fahrzeit zu überstehen.
Da wird gelesen "Gib mer mal des Heftla. Naa, ned des. Des.", 
gelacht, sich unterhalten, gerätselt, geschnarcht "Ich glaab ich hob a weng gschlofn. Hast du a  a weng gschlofen?",
gegessen und getrunken.

Am Ende des Tages klettern dann alle am Zielort wieder aus dem Bus.
Auch der werte Gatte der Not-Klo-Dame.
Er trägt nun eine neue gestrickte Zipfelmütze
(auf dem Kopf!).





2 Kommentare:

  1. Danke, dass du noch "auf dem Kopf" nachgeschoben hast - ich hatte schon den Projektor für mein Kopfkino angeschmissen.....
    :-)
    Viele liebe Grüsse!

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  2. Hach wie schön, typisch deutsch eben! ;-) LG Frau Zausel

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